Die 4-Tage-Wandertour führte uns nach Rotenburg a. d. Fulda ins Hessische Bergland (Waldhessen). Rotenburg ist ein historisches Städtchen mit vielen Fachwerkhäusern und wäre da nicht ein moderner Springbrunnen, man könnte sich in eine frühere Zeit versetzt fühlen. Auch in den umliegenden Dörfern sowie in Melsungen und Bad Hersfeld gab es schöne Fachwerkhäuser, manche reich verziert, bunt bemalt und mit Sinnsprüchen versehen.
Die Landschaft ist hügelig mit Feldern und ausgedehnten Wäldern, ideal zum Wandern. Sie wird von Bächen und Flüssen (Fulda, Werra) durchzogen. In den weiten Tälern liegen kleine Ortschaften. Die Getreideernte stand bevor und der Roggen wogte goldgelb im Wind. In dieser Landschaft gestalteten sich unsere Wanderungen abwechslungsreich und vielfältig. Jedes Erlebnis oder jede Betrachtung kann nicht aufgezeigt werden. Aus dem großen Spektrum wurden 10 Tops ausgewählt.
- Das Renaissance-Rathaus in Melsungens in der malerischen Altstadt gilt als eines der imposantesten Fachwerkhäuser. Am Rathausplatz, mit Blick auf die Fachwerkhäuser, war die Einkehr mit Kaffee und oder Eis ein gelungener Schlusspunkt.
- Die Bartenwetzerbrücke ist eine wuchtige, mittelalterliche Bogenbrücke über die Fulda nach Melsungen. Zwei Bartenwetzer-Figuren (Barte = Axt, Beil)) stehen an den Enden der Brücke. Sie sind die Symbolfiguren der Melsunger Bürger. An dem weichen Sandstein der Brücke haben die Holzfäller ihre Barten geschärft. Dadurch entstanden runde Einkerbungen.
- Der Monte Kali oder Kalimandscharo ist ca. 250 m (über Grund) oder ca. 500 m (über Meeresspiegel) hoch und ist eine Abraumhalde des Kalibergwerks bei Herringen (Werra) nahe der hessisch-thüringischen Grenze. Die weiße Halde ist weithin sichtbar und kann nach Anmeldung wieder begangen werden.
- Mahnmal Bodesruh, gebaut 1963/64, ist ein Aussichtsturm bei Kleinensee und erinnert jetzt an die Deutsche Teilung bis 1989. Eine Wendeltreppe führt hinauf zur Plattform. Die Anstrengung des Aufstiegs wird mit einem weiten Blick belohnt.
- Das Naturdenkmal „Hammundeseiche“ ist eine ca. 1.000 Jahre alte mächtige Stieleiche die einen Umfang von ca. 8,70 m (Durchmesser ca. 2,80 m) aufweist. Sie steht im Ort Hamundeseiche, der wahrscheinlich schon im13. Jh. aufgegeben wurde. Die Grundmauern der Kirche und der frühere Dorfbrunnen wurden bei Ausgrabungen 1970 / 72 zufällig entdeckt und wieder sichtbar gemacht.
- Wasserburg Friedewald, heute ein Hotel der gehobenen Klasse. Teile der alten Burgruine, die auch für Feierlichkeiten genutzt wird, konnten wir besichtigen. Vom „Dicken Turm“ hatten wir eine gute Sicht auf die Anlage und den gepflegten Schlosspark.
- Das Naturdenkmal „Kathuser Seeloch“ ist ein fast kreisrunder Natursee mit einem Durchmesser von ca. 80 m und einer Tiefe von ca. 16 m. Er entstand vor ca. 120.000 Jahren durch Erdfall und verändert sich auch heute noch. Durch Risse in der oberen Gesteinsschicht aus Buntsandstein kann Wasser in die ca. 490 m tiefe Zechsteinschicht gelangen. Dort wird Salz ausgewaschen das Hohlräume entstehen lässt, die einstürzen können. An der Oberfläche wird dies dann als „Erdfall“ sichtbar.
- Eine besondere Überraschung erfolgte bei unserer Mittagsrast in Mörshausen auf dem Weg von Adelshausen nach Melsungen. Uns war schon aufgefallen, dass einige Dorfbewohner mit Aufräumarbeiten beschäftigt waren. Am Donnerstag, Fronleichnam, fand nach Corona Abstinenz erstmals wieder das über die Dorfgrenzen hinaus bekannte Dorf- und Lindenfest statt, zu dem wir leider am Freitag zu spät kamen. Während unserer Rast fuhr eine Dorfbewohnerin mit ihrem Pkw vor, entnahm aus den Kofferraum Blech- und Sandkuchen und bot diese zum Verzehr an. Freudig haben wir zugelangt und den vom Vortag übergebliebenen Kuchen verzehrt. So haben wir auch bei den „Aufräumarbeiten“ mitgeholfen.
- Es ist nicht immer einfach für über 50 Wandersleute eine passende Einkehr zu finden. Besonders erfreulich war, dass der Besitzer des Bikeparks Friedewald „Wolftrails“ extra für uns am Mittag schon seinen Biergarten geöffnet hat. Mit Bier, weiteren Getränken, Bratwurst und mitgebrachtem Essen konnten wir bei herrlichem Wetter die Ausläufer der hessischen Rhön genießen.
- Self-Mix-Party. Selbstbedienung ist uns allen bekannt. Unser Hotel „Posthotel“ in Rotenburg a. d. Fulda hat sich für uns aber eine besondere Überraschung ausgedacht. Nachdem wir im Kellerraum Platz genommen hatten erläuterte uns ein Hotelmitarbeiter: „Hier ist alles was ihr zum Feiern braucht. bedient euch, es kostet nichts, am Ende könnt ihr Spenden was es euch Wert war“. Verunsichert und überrascht nahmen wir die perfekt ausgestattete moderne Bareinrichtung mit vollen Kühlschubladen und Kühlschränken mit Bier, Wein und alkoholfreien Getränken wahr. Spirituosen Rum, Gin … und alles was man zum Mixen braucht war vorhanden. Rotwein fand sich auch in einem Regal. Sogar einige Flaschen Sekt waren leicht versteckt, so dass sie das Fest überlebten. Auch kleine Häppchen zum Essen fanden sich zur vorgerückten Stunde.
Das Mixen von Cuba Libre bereitete Freude. Mixmuffel begnügten sich mit Weißwein, Rotwein oder Bier. Die moderne computergestützte Soundanlage fand auch seine Bediener. Mit Kölner Liedern und eine Soloeinlage von „Wir sind die Tramps von der Pfalz“ kam richtig Stimmung auf die in einer Polonaise gipfelte. Dem Alter der Wandergruppe geschuldet haben wir mäßig den Getränken zugesprochen und das Lokal so gelassen wie es war. Fazit: Wir hatten Freude und einige Hotelmitarbeiter hatten einen freien Abend.
Text und Fotos:
Carola Schützler
Ludwig Kreitner